Zum Hauptinhalt springen

VR-Risiken

In der Schweiz tragen Verwaltungsräte (VR) einer Aktiengesellschaft erhebliche Verantwortung und können bei Pflichtverletzungen persönlich haftbar gemacht werden. Die wichtigsten Haftungsrisiken ergeben sich aus dem Obligationenrecht (OR), insbesondere Art. 754 ff., sowie aus weiteren Spezialgesetzen. (Nachstehende Tabelle ist nicht abschliessend)

1) Organpflichtverletzung

VR-Mitglieder haften, wenn sie ihre gesetzlichen oder statutarischen Aufgaben verletzen, z.B.:

  • Fehlende oder mangelhafte Unternehmensführung
  • Unzureichende Überwachung der Geschäftsleitung
  • Unzureichendes Risikomanagement und interne Kontrollen
  • Fehlende Sorgfalt bei strategischen Entscheidungen

Sorgfalts- und Treuepflicht (Art. 717 OR)

2) Unterlassene Finanz- und Insolvenzkontrolle

  • Pflicht zur Überwachung der Finanzlage
  • Drohende Zahlungsunfähigkeit, Kapitalverlust und Überschuldung (Art. 725 OR)

3) Verletzung von Sozialversicherungs- und Steuerpflichten

Persönliche Haftung für nicht abgeführte Beiträge, u.a.:

  • AHV/IV/EO/ALV-Beiträge
  • Quellensteuern
  • Mehrwertsteuer

Behörden können direkt gegen VR-Mitglieder vorgehen.

4) Strafrechtliche Risiken

z.B.:

  • Misswirtschaft (Art. 165 StGB)
  • Gläubigerschädigung (Art. 163/164 StGB)
  • Ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 StGB)
  • Verletzung von Buchführungspflichten (Art. 166 StGB)

5) Haftung bei Compliance- und ESG-Verstössen

  • Datenschutz (DSG)
  • Geldwäschereigesetz (GwG) in regulierten Bereichen
  • Sorgfaltspflichten Lieferkettengesetz (neu ab 2024/2025 spezifische Branchen)
  • Arbeitssicherheit und Umweltrecht

6) Schadenersatzansprüche

Haftung gegenüber:

  • der Gesellschaft (interne Haftung)
  • den Aktionären
  • Drittpersonen (externe Haftung), z.B. Gläubiger

Erforderlich ist:

  1. Pflichtverletzung
  2. Schaden
  3. Kausalzusammenhang
  4. Verschulden (wird vermutet)

Was viele Verwaltungsräte falsch machen

Jährlich wird in der Schweiz 1500 gegen Verwaltungsräte geklagt und dabei geht es um 140 Millionen Franken.
  • Sie organisieren den Verwaltungsrat ungenügend und häufig auch das Unternehmen.
  • Sie erkennen das Vorhandensein gewisser Aufgaben nicht oder erfüllen anstehende Aufgaben schlecht.
  • Sie schaffen die Voraussetzungen für eine wirksame Delegation nicht, wodurch die Haftungsbeschränkung nicht eintreten kann.
  • Sie wählen die Geschäftsleitung unsorgfältig aus, geben unklare Anweisungen und überwachen oftmals auch die Führung zu wenig.
  • Sie lassen sich zu wenig informieren und sind zu wenig kritisch.
  • Sie prüfen Akquisitionen zu wenig.
  • Sie unterlassen es, bei besonderen Geschäften Spezialisten beizuziehen.
  • Sie üben die finanzielle Führung ungenügend aus.
  • Sie handeln oftmals vor allem aus Eigeninteresse.
  • Sie gehen Klumpenrisiken ein, was auf unsorgfältiges Risk Management schliessen lässt.
  • Sie beurteilen oftmals auch einzelne Geschäfte falsch oder gehen diese gar in Verletzung der Treuepflicht ein.
  • Sie schätzen die Prozesschancen vor Einleitung eines Prozessen falsch ein.
Quelle: Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates; Suanne Keller 2011

Unser SEFID Treuhand & Revision Team